Der Augsburger Pfarrer Henkel leitet die deutschsprachige Gemeinde in Lissabon

Gespannt auf den Weltjugendtag

LISSABON – In zwei Wochen beginnt in Portugals Hauptstadt der Weltjugendtag (WJT). Die Vorfreude wächst: bei den vielen tausend Jugendlichen, die an dem Treffen teilnehmen, ebenso wie bei ihren Gastgebern. Zu diesen gehören die deutschsprachige Gemeinde in Lissabon und ihr Seelsorger, der aus dem Bistum Augsburg stammende Pfarrer Clemens Maria Henkel. 

Herr Pfarrer Henkel, wie rüstet sich die Stadt für die Pilger? 

Vor Kurzem habe ich noch bei 36 Grad Celsius die drei Hauptorte des Weltjugendtags besucht, um mir selber ein Bild von der Vorbereitung zu machen. Beim Colina do Encontro (Hügel der Begegnung im Park Eduard VII.) werden die Willkommensmesse mit Papst Franziskus und der Kreuzweg sein. Zu sehen ist bereits das Gerüst der großen Bühne oberhalb eines der größten Zentren der Hauptstadt, dem Praça Marquês de Pombal.

Von hier kann man in Richtung Tejo-Ufer zur Cidade de Alegria (Stadt der Freude) gelangen, wo in der Nähe der Ort für die Beichten und der Berufungspastoral sein wird. Dort werden 150 Stationen für das Sakrament der Versöhnung in vielen Sprachen aufgebaut. Das Gelände befindet sich direkt gegenüber der Haupt­sehenswürdigkeit von Lissabon, dem Hieronymuskloster, und nahe beim am Tejo gelegenen Bezirk Belém. 

Vom Bahnhof Sacavém aus gelangt man mit dem Zug zum Gelände der Schlussveranstaltung, dem Parque Tejo, wo die Vigil und die Abschlussmesse mit Papst Franziskus stattfinden werden. An Ort und Stelle wird gerade eine aufwendige und kostspielige Altarbühne aufgebaut. Leider hat es wegen der Kosten auch sehr kritische Anfragen gegeben, weshalb die Bühne in einer weniger aufwendigen Ausführung realisiert wird. Dafür muss man Verständnis haben: Das Land hatte im vergangenen Jahr mit schweren Waldbränden, Überschwemmungen und wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen.

Man spürt, dass der WJT näher- rückt und die letzten Arbeiten mit Hochdruck angegangen werden, unter anderem auch der Bau einer U-Bahn-Station im Stadtviertel Lapa, das zu den ältesten  Lissabons gehört. Hier befindet sich auch die bekannte Basilika Estrela. Diese wird sicherlich neben der Kathe­drale und dem Geburtshaus des heiligen Antonius (gegenüber) sowie dem Castelo de São Jorge eine wichtige Rolle spielen. 

Es werden rund eine Million Teilnehmer erwartet, was für ein Land mit zehn Millionen Einwohnern eine große Herausforderung darstellt. Es ist dem Papst ein Anliegen gewesen, dass der WJT in Lissabon stattfindet, weil das Land aufgrund seiner langen Kolonial­geschichte viel Erfahrung im Umgang mit fremden Kulturen und Ethnien hat.

Werden Sie und Ihre Gemeinde sich am Programm beteiligen oder übernehmen Sie als Seelsorger eine besondere Aufgabe?

In unserem Pfarrhaus und -saal ist nicht viel möglich. Aber einige Gemeindemitglieder haben sich bereit erklärt, Teilnehmer aufzunehmen. Auch mein Gästezimmer ist vergeben. Bei mir hat sich die Abteilung Weltkirche aus dem Bistum Augsburg zusammen mit einer Stadtpfarrei und einer Gruppe aus Estland angemeldet. 

Es ist auch geplant, dass ich mich mit der Jugend 2000 Augsburg und den Gruppen, die mit dem Bischöflichen Jugendamt unterwegs sind, in Fátima treffe. Ferner kommt eine Gruppe aus dem Erzbistum Köln zu uns, um mit Weihbischof Dominikus Schwaderlapp und der portugiesischen Auslandsgemeinde des Erzbistums eine Messe zu feiern.                                                      

An der Deutschen Schule in Lissabon erwarten wir 500 Teilneh-
mer aus Österreich und Abgesandte 

der dortigen Bischofskonferenz, die sich zum Auftakt des WJT versammeln. Hier ist ein buntes Programm mit Workshops, Begegnung und Verköstigung geplant. Ich selber bin an den Nachmittagen an der Cidade de Alegria für die Beichte eingeteilt. 

Sie leben seit vier Jahren in Portugal und arbeiten als Seelsorger der deutschsprachigen Gemeinde Lissabons und für die Pilger in Fátima. Wie gefällt es Ihnen dort?                                                               

Es braucht für den Dienst in einer Auslandsgemeinde eine gewisse Zeit, bis man sich in dem fremden Land, der Sprache und Kultur einfindet. Für diese Erfahrung bin ich sehr dankbar und fühle mich jetzt wie zu Hause und bin gerne hier. Ich schätze die Stadt sehr, obwohl die Verkehrsdichte von Jahr zu Jahr zunimmt und die Staus länger werden. 

Da ich auch die Auslandsgemeinde in Porto besuche und regelmäßig bei den Feierlichkeiten zum 13. des Monats in der Wallfahrtssaison mit Beichtseelsorge, Pilgerbetreuung, Vorträgen und Gottesdiensten in Fátima bin, muss ich oft das Auto benutzen. Die Mitglieder meiner Gemeinde sind überwiegend im Westen von Lissabon zu Hause, was für Hausbesuche ebenfalls häufige Fahrten notwendig macht. 

Erzählen Sie ein bisschen über Ihre Gemeinde.

Vor allem in den 60er und 70er Jahren sind viele Deutschsprachige nach Lissabon gekommen, besonders Deutsche und Österreicher, aber auch Schweizer: Mitarbeiter großer Firmen, die mit ihren Unternehmen hier günstig produziert und dazu ihre Experten entsandt haben. Ein großes Kontingent der Bundesmarine und der Bundesluftwaffe ist ebenfalls hier gewesen, vor allem für Übungs- und Ausbildungszwecke. Bei der Nato in Oueiras arbeiten bis heute Bundeswehrangehörige mit.

Es fällt auf, dass sich derzeit Deutsche und andere EU-Bürger, aber auch Engländer und Amerikaner, immer häufiger in Portugal niederlassen. Sie sehen eine Möglichkeit, in Portugal ihren Lebensabend zu verbringen. Für unsere Gemeinde sind sie eine Bereicherung.

Mit welchen Erwartungen gehen Sie der Woche mit den Jugendlichen und dem Papst in Ihrer Stadt entgegen? 

Ich bin gespannt auf die Menschen, die aus allen Teilen der Welt zum WJT kommen. Wir treffen vor allem Christen, die uns von ihrem Glaubens- und Alltagsleben erzählen und gleichsam ihren Kulturkreis mitbringen. Ich bin sehr gespannt und freue mich darauf.

Interview: Ulrich Schwab

14.07.2023 - Bistum Augsburg